Eine Streitschrift für das gute Bauen

Eine Streitschrift – für was eigentlich? Und wieso muss überhaupt gestritten werden, wäre es nicht viel schöner, sich einfach zu vertragen? Nein, dazu ist es zu spät, meint der Architekt Klaus-Jürgen Bauer und ruft zum Streit - für das gute Bauen, für das richtige und dauerhafte Bauen und für das schöne Bauen. So stellt er Vitruvs Bauregeln "Schönheit, Nützlichkeit, Festigkeit" gegen das EU-Dämmdiktat, das mit dem Energieausweis und seinen Regeln den Dämmwahn über jedes Haus und seine Bewohner stellt. So sieht sie aus, die Fratze der Ökodiktatur.

Ein unaufgeregter, gemäßigter Ton

Dabei findet der Autor eine einprägsame, für eine Streitschrift überraschend unaufgeregte, gemäßigte, ja geradezu sanfte Sprache, die das Bücherl zu einem auch literarischen Kleinod macht. Von der Erfindung des Styrols über dessen industrielle Massenfertigung und Verschäumung als Styropor bis zu seinem Einsatz als erst Objekt-, dann Gerät- und schließlich Gebäudeverpackung erfährt der überraschte Leser den Hintergrund des ach so modernen Dämmwahns, der in fehlender Energieeinsparung, scheußlich kurzlebiger Verrottung trotz gewissenloser Toxifizierung wohl erst dann sein Ende findet, wenn auch die letzte Bude verdämmt und der letzte Fisch vergiftet mit dem Bauch nach oben in Rhein, Elbe und Donau den Weg zum Meer sucht. Von den verschimmelten und verasthmaten Bewohnern der Polys Tyroliens ganz zu schweigen.

Ein Appell an die Reste der Menschlichkeit

Bauers kritische Worte gehen den hoffentlich vielen Lesern, die noch Reste ihrer Menschlichkeit bewahrt haben und nicht jedem Marketinggag aufsitzen, zu Herzen und das ist auch ihr tieferer Sinn. Ein Ausweg aus dem Dämmrausch - von allzu wenigen Nischenbauten mal abgesehen - erscheint angesichts der bauphysikalischen Dämmgleichschaltung bis ins letzte Deppdoofkaff ja kaum in Sicht. Dem industriellen Marketing der klimaschützenden Weltrettung durch Hausverdämmung fliegen alle sonstigen Herzen der Politik, der Medien und Baubranche und der meisten Architekten und Ingenieure zu, der Weihnachtsrentierschlitten sechsspännig darf das dann belohnen. Und der Hausbesitzer und Mieter muss sich das eben gefallen lassen, wie so viele andere Feinheiten der EU-Politik im Sog der Konzerne.

Ein Buch, das zum Nachdenken anregt

Wer "Entdämmt euch!" gelesen hat, versteht aber, warum und worum zu streiten wäre. Da das hübsch aufgemachte Bücherl nicht weiter aufträgt, ist es